“Nur wer erwachsen ist und Kind bleibt, ist wirklich ein Mensch!”
“Wollen Sie damit andeuten, dass ich kein Mensch bin? Das ist doch eine bodenlose Frechheit!”
“Sehen Sie, Herr Sommerfeld, die meisten Menschen legen ihre Kindheit ab wie einen alten Hut. Sie vergessen sie wie eine Telefonnummer, die nicht mehr gilt. Früher waren sie Kinder, dann wurden sie erwachsen, aber was sind sie nun?”
Frau Honig war richtig in Fahrt, und ehe Julius Sommerfeld etwas erwidern konnte, redete das Kindermädchen weiter: “Es geht doch darum, Spaß und Freude im Leben zu haben, oder nicht? Sich das Leben so schön und angenehm wie möglich zu machen!”
“Frau Honig, es kann nicht alles im Leben immer nur Spaß machen!”
“Wird es auch nicht. Glauben Sie mir, es bleiben noch genug Dinge übrig. Dinge, die getan werden müssen, obwohl sie keinen Spaß machen, genug Dinge, die einen traurig machen. Aber wenn man sich so viel wie möglich so dreht, dass man ein lustiges Leben hat, ist alles leichter, glauben Sie mir!
“Nun lassen Sie Ihre Kinder Kinder sein und springen Sie über Ihren Schatten!”
Frau Honig trat einen Schritt zur Seite und zeigte auf die beiden Schatten, die vor ihnen auf den Pflastersteinen lagen.
Ausschnitt aus dem Buch “Und plötzlich war Frau Honig da” von Sabine Bohlmann